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Interview mit der psychologischen Beraterin Andrea Kemper

Aktuelles

11.05.2023

Andrea Kemper ist psychologische Beraterin in Geldern und bei unserem Lipödem Talk am 12.06.2023 mit dabei. Bei ihrem motivierendem Coaching an diesem Tag wird es vor allem darum gehen, wie Du es schaffst, souverän und selbstbewusst mit der Diagnose "Lipödem" umzugehen, Dich selbst zu akzeptieren und wertzuschätzen und eine positive Lebenseinstellung zu erreichen.

Das Besondere: Andrea Kemper ist selbst Lipödem-Betroffene und bekam 2017 ihre (erleichternde) Diagnose.  

Was das für sie persönlich bedeutet, wie die Diagnose ihren Alltag und ihre Arbeit als psychologische Beraterin beeinflusst hat und warum sie bei unserem ersten Lipödem Talk im Sanitätshaus Kessels dabei ist – wir haben nachgefragt! 

Interview mit der psychologischen Beraterin Andrea Kemper

1. Wie hat sich Dein Leben durch die Diagnose „Lipödem“ verändert?
Einerseits war ich sehr erleichtert und dankbar, denn endlich hatte ich die Gewissheit, dass ich nicht einfach nur dicke Beine habe, sondern es eine Krankheit ist. Aber zuerst war alles sehr ungewiss: Was kommt jetzt alles auf mich zu? Was muss ich tun? Muss ich Medikamente nehmen?
Deswegen habe ich mich sehr viel über Alles informiert, um schnellstmöglich eine lymphologische Reha machen zu können. Außerdem habe ich sofort die entsprechende Kompression verordnet bekommen.
Nach der Diagnose hat sich meine Freizeit komplett verändert. Zum einen bin ich sportlicher geworden, da ich nun oft schwimmen gehe. Doch durch die Termine bin ich schon stärker eingeschränkt, die Lymphdrainage ist zusätzlich sehr anstrengend für den Körper.
Vor allem aber hat die Diagnose mir dabei geholfen, mich selbst zu akzeptieren – auf einmal gehörten meine Beine mehr zu meinem Körper als vorher.

2. Wie kann man lernen mit der Diagnose umzugehen? Wie kann man das akzeptieren und sich auf die Folgen einstellen?
Informieren – das ist auf jeden Fall das Wichtigste!
Es gibt so viele Möglichkeiten, das zu tun: Bei Ärzten, bei anderen Betroffenen und auch auf Social Media.
So erfährt man von den unterschiedlichsten Erfahrungen mit der Krankheit, denn es ist bei jeder von uns Betroffenen anders. Jede kann eine andere Geschichte dazu erzählen. Außerdem merkt man so: Du bist nicht alleine!

3. Inwiefern hat Deine persönliche Geschichte Deine Arbeit als psychologische Beraterin beeinflusst?
Wenn man selbst so etwas durchmacht, kann man sich in bestimmten Situationen noch besser in andere Menschen hineinversetzen. Denn Empathie und Verständnis zu zeigen ist etwas ganz anderes als wirklich mitzufühlen.
Außerdem versuche ich Schubladendenken zu vermeiden und mein Gegenüber nicht zu bewerten, bevor ich sie oder ihn kennengelernt habe. „Ich bin okay, Du bist okay“ – das ist mein Leitsatz, nach dem ich lebe.

4. Was hat Dir dabei geholfen, so offen und selbstbewusst mit Deiner Diagnose umzugehen?
Ich habe einfach eine Bewältigungsstrategie für mich selbst entwickelt. Und was ich schon immer hatte, war eine gesunde Selbstironie – manchmal sollte man sich einfach nicht so ernst nehmen. 
Andererseits ist die Krankheit natürlich schon ernst zu nehmen!
Aber ich sollte mich selbst MIT dieser Krankheit annehmen, mich akzeptieren und lieben. Denn wie kann ich erwarten, dass andere mich anlächeln, wenn ich das bei mir selbst nicht kann?

5. Was würdest Du einer jungen Frau mit auf den Weg geben, die gerade die Diagnose Lipödem bekommen hat?
Nimm es an und guck, was Du damit machst, aber bloß nicht einschließen und nichts tun!
Informier Dich, such nach anderen Betroffenen – denn davon gibt es mehr, als Du denkst – und knüpfe so neue Bekanntschaften.
Natürlich darf man auch traurig sein, das gehört zur Akzeptanz dazu, aber dann geht dein Lebensweg weiter. Denk immer dran: Du bist nicht nur Lipödem – das ist nur ein ganz kleiner Teil von Dir!
Das ist so, als würde auf einer leckeren Schwarzwälder-Kirsch-Torte auf einem der Stücke eine Kirsche fehlen – na und? Schmeckt trotzdem super!

6. Wie geht man am besten mit dem gesellschaftlichen Druck um, dem typischen Idealbild einer schönen, schlanken Frau zu entsprechen?
Uns allen sollte bewusst sein: Instagram ist nicht die reale Welt!
Diese Bilder sind nicht echt. Filter und Retuschen verändern die Wahrheit, die dahinter steckt und uns wird nur das gezeigt, was wir sehen sollen. Aber wie sieht es dahinter aus? Vielleicht sind äußerlich schöne Frauen ja innerlich überhaupt nicht schön.
Und was ist schon perfekt?

7. Gibt es kleine Tricks für den Alltag, falls man sich mal gar nicht gut fühlt?
Na klar, solche Momente gibt es auch. Aber wenn wir darüber nachdenken, gibt es immer etwas, was an einem Tag auch positiv war – und sei es „nur“, dass Du ein gutes Gespräch auf der Arbeit hattest, Dich Dein Haustier nach Feierabend freudig begrüßt hat oder Du Dir ein richtig leckeres Abendessen gekocht hast. 
Selbst wenn es vermeintlich nur Kleinigkeiten sind: Ich schreibe mir jeden Abend auf, was diese positiven Kleinigkeiten waren. Setz einfach einen anderen Fokus – und zwar auf das Gute! Es ist nicht immer alles nur negativ, aber schlechte Nachrichten verbreiten sich nun einmal besser. Ich denke, ALLES hat irgendwie eine positive Absicht – auch, wenn uns das bei manchen Dingen schwerfällt zu glauben. 
Trotzdem: „Focus on the good!“ 

8. Was ist Deine Motivation, bei unserem Lipödem Talk mitzumachen?
Ich habe die Anfrage bekommen und dachte mir einfach: Das passt! Ich finde es schön, dass man sich innerhalb von Geldern, also regional, gegenseitig unterstützen kann und zusammen etwas auf die Beine stellt, was es hier so noch nicht gibt.
Für mich persönlich bedeutet diese Veranstaltung auch Hilfe zur Selbsthilfe. Man muss dazu sagen, dass 2 Personen anwesend sind: Einmal Ich als Betroffene, die gerne Infos und Erfahrungen teilt, um anderen so zu helfen und einmal Ich als psychologische Beraterin, die auf eine andere Art und Weise bei dem Treffen mitwirken kann. Darauf freue ich mich!

Du möchtest gerne an unserem Lipödem Talk 2023 teilnehmen?

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